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Destinationcamp 2023 im österreichischen Kufstein - ein Rückblick

23.05.2023
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Im Mai fand das jährliche Destinationcamp statt. Nach 12 Jahren in Hamburg zog eines der bekanntesten Branchentreffen gen Süden ins österreichische Kufstein. Das hatte auch Folgen für das Kongressformat: Aus bisher drei Tagen kompaktem Arbeitstreffen in einer Location wurden vier Tage "Workation-Event", verteilt auf 10 ausgefallene Örtlichkeiten in der Tiroler Kleinstadt.

Mit dabei waren:

  • Nannette Neitzel, Prokuristin, Organisationsentwicklung & Personal bei der PMSG Potsdam Marketing und Service GmbH
  • Anne Robertshaw, Prokuristin, Strategie & Marketing bei der PMSG
  • Daniel Menzel, Geschäftsführer des „Tourismusverband Fläming e. V.“
  • Stefanie Seifert, Sachbearbeiterin Tourismus beim Landkreis Teltow-Fläming
  • Madlen Wetzel, Referentin für Marktforschung bei der TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH
  • Julia Thoms, Teamleiterin Digitale Innovationen bei der TMB
  • Als Referent: Dr. Andreas Zimmer, Leiter Clustermanagement bei der TMB

Daniel, für Dich war es ja nicht das erste Destinationcamp. Was war dieses Mal anders und welcher Input wirkt für dich am stärksten nach?

Daniel Menzel: Ich war 2020 das erste Mal beim Destinationcamp dabei. Neben der Tatsache, dass die Veranstaltung nicht in Hamburg stattfand, war es für mich besonders, dass wir uns diesmal ganz ohne Pandemie-Einschränkungen persönlich treffen und austauschen konnten. Das Camp wurde jetzt erstmalig als Workation-Format aufgesetzt – also Sessions in verschiedenen Locations in Kufstein bis mittags und am Nachmittag konnte man im Rahmen von Erlebnisprogrammen das Kufsteiner Land kennenlernen oder sich zum Arbeiten am Laptop zurückziehen. Auf diese Weise verschwommen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit auf großartige Art und Weise und wir alle konnten an den vier Tagen unser Destinationswissen verbessern.
Sehr gefreut habe ich mich, dass ich unser neues Fläming-Projekt zum Thema Employer Brand-Entwicklung für eine Destination in Form eines Impulsvortrages vorstellen konnte und wir in der anschließenden Session verschiedene Anspruchsgruppen dazu näher beleuchten konnten.
Im Nachgang am meisten beeindruckt hat mich die Session „Vom Trend zur Innovation“ von Innovationscoach Oliver Puhe. Hier haben wir eine neue Methode zur Innovationsentwicklung kennengelernt und individuelle Fragestellungen in kurzer Zeit bearbeitet.

Dann fragen wir auch eine der „Newbies“: Für dich war es das erste Camp, Madlen. Was bleibt bei dir am stärksten in Erinnerung?

Madlen Wetzel: Ich nehme vom DestinationCamp mit, dass man einen Blick über den Tellerrand des eigenen alltäglichen Aufgabenbereiches auf aktuelle Themen der Tourismusbranche werfen konnte, sehr gut in Austausch und die Vernetzung mit anderen Branchenpartnern gekommen ist, selbst sehr viele und gute Erfahrungs- und Erfolgsimpulse an andere weiter geben konnte, die Wirkung und Agilität der Sessions sehr von den Räumlichkeiten und den Moderatoren/ Impulsgebern abhängig waren, es viel zu viele gute und spannende Themen gab (60 Sessions insgesamt!) und die Auswahl sehr schwer fiel, die Veranstaltung top organisiert war und reichlich Überraschungen bot sowie sehr gute Einblicke in die touristischen Angebote und Strukturen vor Ort.

Als Schlagworte kreisen in meinem Kopf nun: Freude, Mut, Vertrauen, Subjekt, Community, Held & Helfer, Motive & Bedürfnisse, KPIs, Paradox, Gemeinwohl, Employee-Journey.

Nannette, du bist bei der PMSG u.a. für den Bereich Personal verantwortlich. Was nimmst du für dein Fachgebiet aus den Tagen in Kufstein mit?

Nannette Neitzel: Ich habe ehrlicherweise nicht nur Sessions zu meinem Fachgebiet, sondern auch Sessions besucht, die uns in der PMSG gerade beschäftigen. In den Sessions gab es neben dem rein fachlichen Input und neuen Ansätzen auch immer ganz viel Gelegenheit, in den Austausch mit den anderen Teilnehmenden zu treten. Es hilft zu hören, welche Lösungen es anderswo für ähnliche Probleme gibt. Und natürlich was wir von anderen lernen können. Deshalb ist mein Erkenntnisspektrum sehr breit: Von der Bedeutung des Employer Brandings bis zum Denken in Communities anstelle von Generationen, über die Rolle der Inspiration in den Tourist Informationen der Zukunft bis zur Erkenntnis, dass Erfolg freiwillig ist.

Es gab insgesamt 10 Themenstränge, die in je 6 Sessions diskutiert wurden. Einer davon widmete sich der nachhaltigen Transformation. Ein Thema, das dich derzeit besonders beschäftigt, Anne. Hattest du Erkenntnisse, die du mitnehmen konntest?

Anne Robertshaw: Die erste Session, die ich besuchen konnte, lautete verkürzt „Die Nachhaltigkeitsstrategie als Wertschöpfung“. Sie startete mit einer Vorstellung eines Start-ups, welches durch finanzielle Transaktionen die Klimabilanz erfasst. Im Anschluss zeigte Thorsten Reich die Komplexität von Nachhaltigkeitsstrategien im Deutschland-Tourismus anhand von Best-Practices wie Föhrgreen oder auch Echt.Bodensee. Diese erste Session war nur der Beginn meines DestinationCamp-Erlebnisses. Ich besuchte bewusst auch Sessions „außerhalb meiner Komfortzone“ sowie Sessions zu VUCA-Zeiten oder auch der agilen Destination, wo ich im Übrigen meine Erfahrungen vorstellen durfte. Letztlich nahm ich in allen besuchten Sessions einen roten Faden wahr: Unser Unternehmen verfolgt viele aufregende Aufgaben sowie Ideen und gleichzeitig können wir es uns erlauben, verstärkt Fokus auf weniger Projekte zu setzen. Und vielleicht ist es auch genau das, was viel nachhaltiger ist?!

Insgesamt war es meine zweite Teilnahme an einem DestinationCamp. Ich war mir unsicher, inwiefern die Investition der finanziellen und personellen Ressource für dieses Workation-Event in Relation steht. Heute ziehe ich eine positive Bilanz: Ich hatte die Möglichkeit, mir Zeit für ausführlichere Gespräche über den Smalltalk hinaus zu nehmen. Ich konnte strategische Ansätze hinterfragen und gleich erste Ableitungen definieren. Ach, und meine täglichen Mails bzw. operativen Aufgaben schaffte ich auch!    

Stefanie, als Sachbearbeiterin Tourismus beim Landkreis Teltow-Fläming hast du noch einmal einen ganz anderen Blick auf die Tourismusbranche. Was kannst du für deine Arbeit aus diesem Treffen mitnehmen?

Stefanie Seifert: Zunächst einmal blicke ich – wie wahrscheinlich viele der Teilnehmer – mit Dankbarkeit auf eine unglaublich gut organisierte Woche mit wahnsinnig viel spannendem Austausch und Input zurück. Die Themenauswahl beim diesjährigen DestinationCamp traf genau unseren Nerv – aus tourismuspolitischer genauso wie aus kommunaler Sicht. Daher habe ich mir meine Sessions im Vorhinein sorgsam zusammengestellt, vorrangig aus den Themenbereichen „Digitalisierung, Mobilität im ländlichen Raum, Konzepte gegen den Leerstand, Arbeits- und Fachkräftebedarf im Tourismus, Ansprache der Generation Alpha und Gemeinwohl“. Die Entscheidung fiel da tatsächlich nicht immer leicht, da uns aktuell sehr viele Themen außerhalb von Marketing und Kommunikation in der Branche umtreiben. Themen, die tagsüber in den Sessions nicht behandelt werden konnten, ließen sich dann aber wunderbar in den Abendveranstaltungen vertiefen. In den nächsten Monaten freue ich mich nun sehr darauf, die vielen mitgenommenen Ideen gemeinsam mit den touristischen Partnern in der Region mit Leben zu füllen.

Für dich standen ja vorrangig die Themen Digitalisierung und Mobilität im ländlichen Raum im Fokus, Julia. Kannst du 3 Erkenntnisse aus den Workshops benennen, die du mit nach Hause genommen hast?

Julia Thoms: Nur drei? Spaß. Ja, mich hat es auch erwischt. Das DSTNCamp hat mich in seinen Bann gezogen und wirklich beeindruckt. So viel Raum zum Austausch, aktivem Mitdenken, In-Frage-stellen und Vernetzen. Da macht das Netzvitamine-Team einen richtig guten Job! Diese drei Gedanken aus den Sessions begleiten mich weiterhin:

  1. Im Thema Besuchermanagement bleibt die Frage entscheidend: Welches Problem will und kann ich auch lösen? Einfach nur Daten sammeln, bringt nichts. Das hat auch Paul Stellmacher von der Lübecker Bucht eindrucksvoll dargestellt
  2. Coworking-Spaces im ländlichen Raum funktionieren anders. Ein Raum, ein Schreibtisch und Internet wird dem „Co“ einfach nicht gerecht. Im Coworking-Space Freiraum (https://www.freiraum-kufstein.at/de/coworking-kufstein/gemeinschaftsbuero.html) von Sigrid Ruppe-Senn haben wir zusammen mit der cokreativen Konzepterin Nicole Cogiel über den Begriff des Co-Living Dorfes diskutiert.
  3. Mobilität neu denken ist auch eine touristische Aufgabe, auf die zuweilen noch etwas skeptisch geschaut wird. Eigentlich wissen wir ja schon, dass es nicht ausreicht, den Verbrenner- durch einen Elektromotor auszutauschen. Hier würde ich mir wünschen, dass wir vielmehr über die Landesgrenzen hinaus zusammenarbeiten. Ganz akut und aktuell bei den Auswirkungen des 49-Euro-Tickets auf das Reiseverhalten, Produktentwicklungen, Gästekarten etc. Denn ich habe da viele uns bekannte Herausforderungen, Fragen, Unsicherheiten aber auch Chancen gehört.

Waren die Tage anstrengend? Ja, auf jeden Fall. Aber es gab viel Energie. Auch, um vom Wissen ins Denken zu kommen.

Andreas, du bist für einen Vortrag zum Thema „Lebensraum“ am Mittwochmorgen dazu gekommen. Wie hast du die Session wahrgenommen und gibt es einen Gedanken, der sich besonders bei dir verankert hat?

Dr. Andreas Zimmer: Leider war es für mich nur ein kurzer Besuch, der mich dennoch bewegt zurücklässt. Wie die Vorredner*innen bin ich zunächst voller Lob für die professionelle Organisation und dankbar für die Herzlichkeit, die uns Kufstein entgegen gebracht hat. Dass hier „Tourismus“ mit jeder Faser gelebt wird, hat mich tief beeindruckend. Kein Wunder, dass Österreich synonym für Tourismusbewusstsein steht.

Mit Mathias Burzinski von destinetChange hatte ich mich schon im vergangenen Jahr intensiv zum Thema Lebensraummanagement & Tourismus ausgetauscht und wir waren uns da schnell einig, dass man diese Diskussion vom Kopf auf die Füße stellen muss. Umso mehr habe ich mich dann gefreut, dass ich auf seinen Vorschlag hin eingeladen wurde, einige Gedanken zum Thema zu teilen. Ohne jetzt hier in die Tiefe gehen zu können, bin ich doch der Meinung, dass unsere Zeit reich an „Buzzwords“ geworden ist und wir aufpassen müssen, dass wir als Tourismusorganisationen nicht unsere Kernaufgaben vernachlässigen. Denn: die Aufgaben, ob jetzt selbst zugeschrieben oder tatsächlich anfallend, sind in den vergangenen Jahren eher mehr geworden bei meist gleichbleibenden Ressourcen. Und da reicht es halt nicht, nur alle paar Monate das berühmte Haustier durch das Dorf zu jagen, sondern wirklich Taten, Fokus und Kontinuität sprechen zu lassen.

In der Session, die von Tobias Woitendorf und Janosch Untersteiner moderiert wurde, wurde es trotz der früher Mittwochmorgenstunde um 8:30 Uhr darum schnell hitzig, aber im positiven Sinne. Die Lust auf Diskurs war allen anzumerken. Verankert hat sich bei mir besonders ein Punkt: Destinationen als geteilte Identitätsräume. Da sind wir dann schnell bei kokreativer Entwicklung von Lebens-, Arbeits- und Freizeiträumen, bei Marke und positiven Vorurteilen sowie konsistenten Außen- und Selbstbildern. Es lohnt sich jedenfalls länger darüber nachzudenken, was Tourismus tatsächlich für und in einer Destination bewirken kann, mit breiter Brust, aber klaren Verstand. Dass mit so vielen Kolleg*innen zu machen, ist immer ein großes Glück und eine Bereicherung für den beruflichen Alltag.

Vielen Dank euch, dass ihr eure Erfahrungen mit uns geteilt habt! Eine ausführliche Dokumentation des DestinationCamps wird vom Team der netzvitamine erarbeitet.