Bettensteuer oder Gästebeitrag?
Kommunen stehen vor großen finanziellen Herausforderungen. Ein Lösungsansatz ist die Einführung von Bettensteuern oder Gästebeiträgen, die dringend benötigte Einnahmen versprechen. Beide Modelle haben Vor- und Nachteile. Die Wahl erfordert deshalb Fingerspitzengefühl, Transparenz und Zusammenarbeit, um den Tourismus als Wachstumsmotor zu erhalten und den Mehrwert für Gäste sichtbar zu machen.
Werden Städte und Gemeinden gefragt, in welchen Themen sie die größten Herausforderungen sehen, gehören Finanzen, Integration und Unterbringung von Geflüchteten, Wohnen und Klimaschutz fast immer zu den Spitzenreitern. Zwischen 2022 und 2024 hat sich der Handlungsbedarf nahezu verdoppelt. Zahlen belegen dies eindrucksvoll: Kommunen stehen einem Rekorddefizit von voraussichtlich 13,2 Milliarden Euro gegenüber.
Die Auswirkungen sind vielerorts schon spürbar. In Berlin sorgte der Haushalt für Schlagzeilen, nachdem Kürzungen von 130 Millionen Euro allein im Kulturbereich angekündigt wurden. Das Beispiel Potsdam zeigt ebenfalls die Tragweite der Situation, wo selbst die Schließung der beliebten, aber kostenintensiven Biosphäre diskutiert wird.
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Alex Barcley
Angesichts dieser Lage stehen Kommunen vor einer entscheidenden Frage: Wie lassen sich die Kosten senken und gleichzeitig zusätzliche Einnahmen generieren? Eine Lösung, die vielerorts in Betracht gezogen wird, ist die Einführung einer sogenannten Bettensteuer oder eines zweckgebundenen Gästebeitrags. Beide Modelle versprechen dringend benötigte Einnahmen, könnten aber kaum unterschiedlicher sein. Zeit für einen genaueren Blick.
Die Herausforderung: Der schmale Grat zwischen Einnahmen und Akzeptanz
Tourismus bringt Lebensqualität, Wertschöpfung und Beschäftigung in die Regionen und erhöht die Attraktivität einer Gemeinde. Doch Tourismus hat auch seinen Preis. Wanderwege müssen gepflegt, Strände gereinigt und Veranstaltungsprogramme organisiert werden. Kommunale Einrichtungen wie Tourist-Informationen, Kultur- und Freizeitanlagen sowie öffentliche Infrastrukturen stehen den Gästen ebenso wie den Einheimischen zur Verfügung – und erhöhen die Lebensqualität vor Ort. Gerade diese Anziehungskraft macht viele Kommunen zu beliebten Wohnorten.
Doch die steigenden Ansprüche der Gäste an Infrastruktur und Serviceleistungen setzen die Gemeindekassen zusätzlich unter Druck. Ohne zusätzliche Einnahmen wird es immer schwieriger, das bestehende Niveau zu halten, geschweige denn zu verbessern.
Unterschied zwischen Steuern, Gebühren und Beiträgen
An dieser Stelle ein kleiner Exkurs: Kommunen haben grundsätzlich die Möglichkeit, durch Steuern, Gebühren oder Beiträge ihre Einnahmensituation zu verbessern. Steuern sind grundsätzlich nicht an eine spezifische Gegenleistung gebunden und dienen dazu, allgemeine Einnahmen für den Staat oder die Kommune zu generieren, die für sämtliche Aufgaben eingesetzt werden können. Gebühren hingegen werden für konkrete, individuell zurechenbare Leistungen erhoben, wie beispielsweise Verwaltungsgebühren. Beiträge wiederum sind zweckgebundene Abgaben, die einem bestimmten Personenkreis zugutekommen sollen, etwa der unten genannte Gästebeitrag, der gezielt für touristische Zwecke eingesetzt wird.
Die Bettensteuer: Einfach, aber umstritten
Die Bettensteuer – auch bekannt als Übernachtungssteuer, City-Tax oder Kulturförderabgabe – ist eine allgemeine Steuer. Sie wird pro Übernachtung erhoben, entweder als prozentualer Zuschlag auf den Übernachtungspreis (z.B. 5 Prozent in Leipzig) oder als fester Betrag (gestaffelt nach Preis in Hamburg). Die Einnahmen fließen in den allgemeinen Gemeindehaushalt und können vielseitig verwendet werden – eine Zweckbindung besteht jedoch nicht.
Das ist einer der Hauptkritikpunkte: Gäste sehen oft keinen direkten Mehrwert für ihre Zahlung. Die fehlende Transparenz über die Mittelverwendung kann zu Unmut führen, da sich die Steuer wie ein bloßer Aufschlag anfühlt. Auch die Akzeptanz innerhalb der Beherbergungsbranche ist gering, da die Steuer als Belastung wahrgenommen wird, die keinen direkten Bezug zum Tourismus hat. Dies ist einer der Gründe, warum der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) die Bettensteuer grundsätzlich ablehnt.
Der Gästebeitrag: Investition in den Mehrwert
Im Gegensatz zur Bettensteuer ist der Gästebeitrag zweckgebunden und transparenter. Er darf ausschließlich für touristische Zwecke verwendet werden, wie die Instandhaltung von Radwegen, die Organisation von Veranstaltungen oder den Ausbau von Attraktionen. Oft profitieren Gäste unmittelbar: Beispielsweise können sie kommunal finanzierte Einrichtungen wie Museen, Kulturstätten oder Mobilitätsangebote kostenfrei oder stark rabattiert nutzen. Dies schafft Akzeptanz, da die Vorteile für die Zahlung erkennbar sind.
Darüber hinaus stärkt der Gästebeitrag gezielt den Tourismus, was die Attraktivität der Region langfristig erhöht. Gleichzeitig entlastet er den öffentlichen Haushalt, indem Einrichtungen und Infrastrukturen, die bisher durch allgemeine Steuermittel finanziert wurden, teilweise durch Gästebeiträge unterstützt werden.
Was ist die richtige Lösung?
Die Antwort hängt wie immer davon ab, welche Ziele eine Gemeinde verfolgt:
- Flexibilität und breite Einnahmebasis? Hier bietet die Bettensteuer die Möglichkeit für allgemeine Ausgaben, birgt aber das Risiko, Gäste und Betriebe zu belasten. Darüber hinaus trägt sie oft nicht zur Attraktivitätssteigerung einer Destination bei. Auch die Akzeptanz innerhalb der Beherbergungsbranche ist niedrig, da sich diese mehrfach belastet fühlt und kein Zusammenhang zum Tourismus besteht.
- Transparenz und gezielte Förderung des Tourismus? Der Gästebeitrag stärkt die touristische Infrastruktur, ist jedoch zweckgebunden und administrativ etwas anspruchsvoller. Allerdings signalisiert der Gästebeitrag den Gästen, dass ihre Zahlung direkt in ihr Erlebnis vor Ort fließt. Das schafft Vertrauen und trägt dazu bei, die Attraktivität des Ortes langfristig zu sichern.
Mehrwert schaffen statt verstecken
Die wichtigste Erkenntnis aus dieser Diskussion ist klar: Einnahmen aus dem Tourismus müssen sichtbar wirken. Ob Bettensteuer oder Gästebeitrag – Gäste möchten erleben, dass ihr Geld sinnvoll investiert wird. Ein gepflegter Wanderweg, gut erhaltene Promenaden oder eine spannende Veranstaltung sind deutliche Zeichen, dass sich eine Destination um ihre Gäste kümmert. Diese sichtbaren Erfolge sind der Schlüssel, um Gäste trotz zusätzlicher Kosten wieder anzulocken.
Die Wahl zwischen den beiden Modellen ist keine einfache Entscheidung und erfordert Fingerspitzengefühl in der Umsetzung. Doch eines ist sicher: Ohne eine nachhaltige Finanzierung wird es immer schwieriger, den Tourismus als treibende Kraft zu erhalten. Es liegt an den Verantwortlichen, diesen Weg klug zu gestalten – mit Transparenz, Kreativität und einem klaren Fokus auf den Mehrwert für die Gäste. Denn eines darf dabei nie vergessen werden: Ein zufriedener Gast ist die beste Investition in die Zukunft einer Destination.
Deshalb sollten Kommunen auf Transparenz und Beteiligung setzen und gemeinsam mit Beherbergungsbetrieben, Tourismusorganisationen und Bürgerinnen und Bürgern in Dialog treten und diese frühzeitig in die Entscheidung einbeziehen. Nur so lässt sich die beste Lösung finden, die zur Kommune passt und Einnahmen sichtbar werden lässt.