Die Bereitschaft zur Veränderung
Changemanagement im Tourismus gestalten – Veränderungsprozesse mit Hilfe der Veränderungsformel unterstützen.
Der Erfolg von Veränderungsprozessen hängt, so profan es klingen mag, von der Bereitschaft aller Beteiligten zur Veränderung ab. Mit Hilfe der Stakeholder-Analyse (link) können Sie ermitteln, wer, welche grundsätzliche Bereitschaft zur Veränderung mitbringt. Bei dieser handelt es aber zumeist um eine Selbsteinschätzung des Status Quo. Gegebenenfalls wurden im Vorfeld auch Gespräche geführt, die diese Einschätzung untermauern oder ändern.
Die hier vorgestellt Veränderungsformel (Thomas Bilder, 2020 in Anlehnung an Beckhard und Harris, Organizational Transitions, 1987) hat nur zwei Einsatzmöglichkeiten, die für diese Analyse bzw. für den Veränderungsprozess von Bedeutung sind.
Die Formel kann zum einem helfen die Veränderungsbereitschaft einer Gruppe oder einer Einzelperson zu ergründen (die jeweilige „Kostenrechnung“) und zum anderen dazu beitragen, die Veränderungsbereitschaft im gewünschten Sinne zu verändern, indem der jeweilige „Schmerzpunkt“ erfasst wird und in der Kommunikation „gelindert“ wird.
Wie sieht nun die Formel aus und was bedeuten die einzelnen Faktoren?
Die Formel lautet: V = f (U x Z x W) > K
V (Ausmaß der Veränderungsmotivation bzw. der Veränderungsenergie)
In diesem Zusammenhang kann man auch von Veränderungsenergie sprechen. Sie ist das Ergebnis aus der Haltung jedes Einzelnen zum Ist-Zustand, zum Soll-Zustand und zu dem Weg, der zur Erreichung des Soll-Zustandes zurückgelegt werden muss.
U (Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Situation)
Bei diesem Faktor ist einzuschätzen, ob die jeweilige Person überhaupt ein Problem sieht. Solange die ggw. Situation zufriedenstellend ist, ist der Wert „Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Situation“ niedrig.
Z (Attraktiver Zielzustand)
Bei diesem Faktor ist einzuschätzen, ob das Ziel der Veränderung für eine Person attraktiv ist. Oftmals wird das Problem, was das neue Ziel impliziert, als durchaus nachvollziehbar angesehen und ggf. auch grundsätzlich unterstützt. Nur wenn die „neue Wirklichkeit“ positive Gefühle auslöst, ist davon auszugehen, dass ein Zielzustand als wirklich attraktiv angesehen wird.
W (Praktikabilität des Weges)
Bei diesem Faktor ist einzuschätzen, ob eine Person den Weg vom Ist zum Soll als machbar einschätzt. Hier blitzt oft das „Z“ auf. Ist der Zielzustand nicht richtig attraktiv, wird der Weg dorthin naturgemäß als sehr viel steiniger eingeschätzt. Der Weg umfasst Aspekte wie die generelle Machbarkeit (realistisch?), den strategischen Ansatz und die einzelnen Schritte (hier z.B. die Abhängigkeit von Dritten, vorhandene Zeit und Budgets).
K (Kosten der Veränderung)
Hiermit ist die oben angedeutete „Kostenrechnung“ gemeint. Wird der Ist-Zustand als gut eingeschätzt, der Soll-Zustand als nicht erstrebenswert angesehen, und wird in der Folge der Weg dorthin als unrealistisch oder steinig angesehen, so ist der Wert „K“ sehr hoch.
Wenn die oberen drei Faktoren (in der Multiplikation als „f“ bezeichnet) größer sind als die „Kosten“ (K), haben wir es hingegen mit einer großen Veränderungsbereitschaft („V“) zu tun.
„Die Veränderungsformel sagt also aus, dass das Ausmaß der Veränderung (V) eine Funktion davon ist, inwiefern die Unzufriedenheit (U) multipliziert mit der Attraktivität des Zielzustandes (Z) und der Praktikabilität des Weges (W) die wahrgenommenen Kosten der Veränderung (K) übersteigen.“ (Binder 2020).
Die Multiplikation von U, Z und W zeigt auf, dass alle drei Gesichtspunkte wesentlich für das Gelingen eines Veränderungsprozesses sind. Ist ein Gesichtspunkt mit „0“ bewertet, ist die Durchführung eines Veränderungsprozesses kaum möglich.
Die Formel könnte dazu verleiten, zu meinen, dass sich die Veränderungsbereitschaft genau quantifizieren lässt. Dies ist allerdings nicht der Fall. Vielmehr soll die Formel dabei helfen, komplizierte Situationen und Gespräche zu zerlegen, um den Widerstand sichtbarer zu machen und um zu eruieren, wo man evtl. ansetzen kann, um die Veränderungsbereitschaft zu erhöhen. So können bei der Planung und auch der Umsetzung von Veränderungsprozessen genau die Elemente bearbeitet werden, bei denen nur eine geringe Ausprägung vorhanden ist (z. B. wenn die Betroffenen zwar ein Problem sehen, sich vorstellen können, was erreicht werden soll, aber nicht wissen, wie dies zu bewerkstelligen ist). So können die „Kosten“ für Personen, die eine geringe Veränderungsbereitschaft aufzeigen effizient reduziert werden.
Führen Sie im Rahmen von Veränderungsprozesses Gespräche, dann können Sie im Vorhinein (Prognose) oder im Nachhinein die nachfolgende Tabelle nutzen.