Das war das BrandenburgCamp 2023
Vom 13. bis 14. September traf sich die Tourismusbranche auf Gut Boltenhof. Inmitten der ländlichen Kulisse bot das BrandenburgCamp Raum für den Austausch von Ideen, Diskussionen zur Umsetzung der neuen Tourismusstrategie und die Stärkung von Zusammenarbeit.
Der Ursprung der Idee eines TourismusCamps in Brandenburg liegt schon einige Jahre zurück, doch Ende 2022 wurde aus einer fixen Idee in der TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH ein ernstzunehmender Vorschlag. Zunächst im kleinen Kreis mit dem Partnernetzwerk des Brandenburgischen Tourismustags diskutiert, wurde kurz darauf der Plan geboren, in 2023 keinen offiziellen Tourismustag, sondern erstmalig das BrandenburgCamp durchzuführen, nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zu den bisherigen landesweiten Veranstaltungen.
Am 13. und 14. September 2023 war es dann endlich soweit: Inmitten der ländlichen Kulisse im Norden Brandenburgs auf dem Gut Boltenhof feierte das BrandenburgCamp Premiere. Veranstaltet von der TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH sowie dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie (MWAE) stand es ganz im Zeichen der Themen der neu formulierten Tourismusstrategie des Landes und den erheblichen Herausforderungen, aber auch Chancen, die unsere Branche derzeit prägen.
Was das Camp so besonders machte
Um es gleich vorwegzunehmen: Es waren zwei Tage, vollgepackt mit vielfältigen Impulsen, Ideen und Diskussionen über Digitalisierung, Arbeit im Tourismus, ökologischen Wandel, Regionalentwicklung und Lebensqualität oder auch Markenführung. Was das Camp aber so besonders machte: Es kamen Menschen aus dem Tourismus aus ganz Brandenburg zusammen, die bisher in dieser Form noch nicht beisammen gewesen waren. Es wurde geduzt, gelacht, gestritten, die Ohren gespitzt, gebrainstormt und bis tief in die Nacht zusammengesessen. Zugespitzt könnte man sagen: “großes Kino” oder einfach auch nur “Mega”.
Dabei startete es zunächst wie gewohnt. Moderator Dr. Andreas Zimmer, Abteilungsleiter bei der TMB, begrüßte die Teilnehmenden. Danach hatten die Gastgebenden Jan Uwe Riest (Gut Boltenhof), Itta Olaj (Geschäftsführerin Tourismusverband Ruppiner Seenland), Martin Linsen (Referatsleiter Tourismus im Wirtschaftsministerium Land Brandenburg) sowie Dieter Hütte (Geschäftsführer TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH) die Gelegenheit, ihre Gedanken zum Thema “Warum Brandenburg?” dem Publikum vorzustellen.
Die Neudefinition von Wachstum: Zukunftsforscher Andreas Reiters Perspektiven auf die Zukunft des Tourismus
Doch schon mit Andreas Reiter vom Zukunftsinstitut Wien wurde schnell klar: Hier wird Tacheles mit Augenzwinkern gesprochen. Andreas begann mit den drei großen D´s als dringende Entwicklungstreiber nicht nur im Tourismus: digitale Transformation, Dekarbonisierung und Demografischer Wandel. Hier wurde allen schnell deutlich, dass ein proaktives Handeln innerhalb dieser Themen für uns in Brandenburg nicht mehr freiwillig, sondern notwendig ist. Darüber hinaus gab Andreas uns allen einige Anregungen mit auf den Weg. Dazu gehörten u.a.
- die Neuerfindung und das Reframing einer Produktkultur, die nicht mehr nach einem “Wachse oder Weiche” streben sollte, sondern in der die Reduktion auf das Wesentliche den Kern eines Produkts erst richtig zum Glänzen bringe. Dabei hob er besonders auch die Differenz von “Wachstum” und “Entwicklung” hervor. Während es sich bei Erstem eher um einen quantitativen Vorgang handeln würde, würde Zweites für qualitative Veränderung stehen.
- die steigende Bedeutung von Gesundheit, die immer mehr ganzheitlich betrachtet wird (mental, psychisch und physisch) und bei der jungen Generation eine hohe Priorität hat.
- die Gegenbewegung zur Urbanisierung: die Verlagerung von Ideen, Menschen und Initiativen aus den Städten in die ländlichen Regionen, wobei Workation und multilokale Lebensstile an Bedeutung gewinnen.
Schließlich betonte er die Notwendigkeit einer relevanten und resonanten Tourismusdestination, die durch Kooperationen und eine klare Vision im Einklang mit der Umwelt steht. Das Ökosystem einer Destination sollte als lernendes System betrachtet werden, das auf Kollaboration und Anpassungsfähigkeit beruht, unter Einbeziehung von Unternehmen, Behörden, Wissenschaft und Einheimischen. Nach dieser Steilvorlage, aus der in vielen Punkten die neue Tourismusstrategie sowie die Marke Brandenburg durchschimmerte, führte Ariadne von Schirach alle auf eine neue Flughöhe.
Bildergalerie vom BrandenburgCamp 2023
Von Ego zu Eco: Ariadne von Schirachs Vision für eine kooperative Zukunft
Bei ihr stand die Frage im Mittelpunkt, was der Einzelne angesichts der heutigen enormen Herausforderungen überhaupt tun könnte. Ihrer Meinung nach eine ganz Menge. Dafür bedürfe es aber eines Wandels vom Ego-System zum Eco-System, von der Gier zum Sinn und von der Konkurrenz zur Kooperation.
Die “geistige Feuerwerkerin” Ariadne wurde zum Schluss nochmal sehr persönlich. Liebevoll nannte sie Brandenburg “Brandi”, das voller Schönheit und vornehmer Zurückhaltung sei, und meinte:
“Für mich hat jede Landschaft eine Seele und Brandi ist wie eine Frau, der noch niemand gesagt hat, dass sie total hübsch ist. Und deshalb würde ich mir wünschen, dass es hier mehr Orte gibt, die verfeinert werden durch den Menschen - durch empfindsamen Menschen, die verstehen: das Land nicht zu reduzieren, sondern mehr diese Schönheit, die auch ein bisschen spröde auf dem zweiten Blick ist, verfügbar zu machen - eine Liebeserklärung an das Land, aber auch an die Touristen."
„Ängste überwinden & Vertrauen aufbauen: Franziska Albers' Schlüssel zur sozialen Verbundenheit"
Schließlich rundete Franziska Albers die Eröffnung ab. Franziska betonte in ihrer Keynote das tiefe, neurobiologisch und psychologisch verankerte Bedürfnis nach sozialer Verbundenheit und Zusammenarbeit. Doch warum wird dieses Verhalten dann nicht ständig gelebt, fragte sie. Für Franziska ist klar: Individuelle Ängste, insbesondere die Furcht vor Zurückweisung und Schmerz in persönlichen Beziehungen sowie wirtschaftlichem Nachteil oder die Furcht vor Ausnutzung im beruflichen Kontext stehen uns oft dabei im Weg.
Was Franziska hier am Einzelnen zeigte, erweiterte sie im Folgenden auf die Gesamtgesellschaft und öffnete uns dabei die Augen für das große Ganze. Schließlich stellte sie klar, dass Vertrauen durch gegenseitige Anerkennung, Wertschätzung, Augenhöhe, emotionale Resonanz, gemeinsame Aufmerksamkeit, Verständnis von Motiven und Absichten die Grundlage für ein besseres Morgen sind.
Was noch folgte
Nach diesen tiefgründigen Gedankenimpulsen und –anregungen nutzten viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit, sofort in den intensiven Austausch zu gehen oder sich bei einer Kräuter- oder Gutsführungen aktiv zu entspannen. Sanft ging der Abend in ein gemeinsames Grillen über und noch lange saßen alle am Lagerfeuer beieinander, um sich auszutauschen, neu kennenzulernen oder erste Pläne zu schmieden.
Tag zwei
Der zweite Tag begann mit einem gemeinsamen Frühstück und der Möglichkeit, sich bei einer Yogasession auch körperlich auf die kommenden Stunden vorzubereiten.
Denn schließlich standen 17 Sessions auf dem Programm, die als spannender Mix aus Impulsen, Workshops und Gesprächen angelegt waren. Die Themenvielfalt reichte dabei von Gründungen im Tourismus, über neue Kennzahlen, die Nutzung von Künstlicher Intelligenz und Augmented Reality bis hin zu nachhaltigem Reisen, Markenführung und regionalen Wertschöpfungsketten. Nähere Einblicke und Ergebnisse dazu erhalten Sie im Videorückblick und im Booklet.
Gemeinsam wurde offen, ehrlich, kontrovers und manchmal auch emotional über den Tourismus diskutiert. Lösungsansätze für Herausforderungen wurden ausgetauscht und auch neue aufgedeckt. Dabei vergingen die Stunden wie im Flug. Bei vielen Themen hätte man länger verweilen können, oder vielleicht auch müssen. Deshalb war für viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer klar: Das BrandenburgCamp soll eine Fortsetzung finden.