Wir sind nicht das laute Land.
Am 18. März wird Dieter Hütte vom Aufsichtsrat als TMB-Geschäftsführer abberufen und geht in den Ruhestand. Aus diesem Anlass hat der Journalist Horst Schwartz mit ihm ein Gespräch über die Tourismusentwicklung im Land und seinen bevorstehenden Ruhestand geführt.
Rentner. Das ist ein Begriff, den niemand so leicht mit Dieter Hütte in Verbindung bringt. Dennoch ist das eine Tatsache: Der langjährige Geschäftsführer der TMB Tourismus Marketing Brandenburg GmbH geht jetzt in den Ruhestand. Wenn immer vom „wohlverdienten Ruhestand“ geredet wird, ist das in diesem Fall keine Floskel. Das Land Brandenburg verdankt ihm sehr viel. Er hat den Tourismus im Land nach vorne gebracht und mit Hilfe seines Teams zu einem nicht mehr wegzudenkenden Wirtschaftsfaktor erstarken lassen.
Wer hätte gedacht, dass aus kleinsten Anfängen einmal eine so starke Marketingorganisation erwachsen würde. Als die TMB 1998 gegründet wurde, war Dieter Hütte der erste Geschäftsführer. Mit nur sieben Leute sollte er die Mammutaufgabe schaffen, in Brandenburg einen funktionierenden Tourismus zu etablieren. Heute beschäftigt die TMB im Schnitt 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und man hat Dieter Hütte von Anfang an „ein gutes Händchen“ bei der Auswahl seiner Mitarbeitenden nachgesagt.
TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH
Als er nach Potsdam berufen wurde, hatte Dieter Hütte schon eine bemerkenswerte Karriere hinter sich. Er ist im Sauerland geboren und hat in Bonn Geographie studiert. Ab 1987 war er eineinhalb Jahre lang Assistent der Geschäftsführung beim Kreisverband Sauerland in Olpe. Noch heute hat sein Humor etwas von einem sauerländischen Touch: ein wenig herb, trocken, treffend. Bis 1991 arbeitete Dieter Hütte als Geschäftsführer beim Kur- und Verkehrsverein Homburgerland in Nümbrecht/Wiehl im Oberbergischen Kreis. Ab 1992 erwarb er sich als Kurdirektor und Betriebsleiter des kommunalen Eigenbetriebs Kurverwaltung Baiersbronn deutschlandweit einen ausgezeichneten Ruf.
In den vielen Jahren, in denen er für Brandenburg tätig war, hat Dieter Hütte viel bewegt. Auf die Frage, ob er seinem Nachfolger ein von ihm nicht erreichtes Ziel hinterlässt, antwortet er in einzelnen, losen Sätzen, die sich erst in der Nachbetrachtung zu einem Gesamtbild fügen. Tourismus müsse „aus der Entweder- oder Betrachtung herauskommen“, ist einer dieser Sätze. Und Tourismus sei noch nicht als Agenda in der Landes- und Regionalpolitik angekommen. Man habe sich „auf die Fahne geschrieben, mehr Selbstbewusstsein zu zeigen“. Das führe vielleicht auch zu einem etwas besseren Image, als die Tourismus-Destination Brandenburg Deutschland und europaweit genieße. „Wir sind nicht das laute Land“, sagt Hütte, „aber wer bereit ist zu entdecken, findet bei uns auch etwas“.
Das „etwas“ ist vielfältig. So werde von außen „leider nur leise wahrgenommen“, was für ein vortreffliches Land für Familienurlaub Brandenburg sei. Als Musterbeispiele nannte Dieter Hütte das Ferienhotel Templin oder den Ferienpark Senftenberger See. Auch Camping mit jährlich 1,5 Millionen Übernachtungen spiele dabei eine große Rolle. Brandenburg sei zwar kein Partyland, aber „durchaus auch eine Destination für junge Leute“. Hütte: „Auch das wird nur leise wahrgenommen wie die Tatsache, das eine unserer Stärken auch ‚Urlaub mit Kind‘ ist.“
Der scheidende TMB-Geschäftsführer ist davon überzeugt, dass Bandenburg sich auch für Gäste anbietet, die an Kunst im weitesten Sinne interessiert sind und im Urlaub entsprechendes sehen und erleben wollen. „Überall ist ein Schinkel zu finden“, sagt er lachend. Brandenburg habe tolle Festivals und engagierte Museumsleute. Unbedingt erwähnenswert seien auch die historischen Innenstädte, die „aber leider keine überregionale Strahlkraft“ besäßen: „Die sind ja seit Jahrhunderten da, aber das ist für viele Gäste immer wieder überraschend.“
Außenstehende Tourismusfachleute haben immer mit einer gewissen Bewunderung verfolgt, wie wenig die Politik der TMB und ihrem Chef in die Arbeit hineingeredet hat. „Wir waren nicht so auf dem Radar“, sagt Dieter Hütte mit Bescheidenheit. Aber er merkt an, dass das Land in seiner Amtszeit immerhin von drei Ministerpräsidenten geführt worden sei.
Dass er nach seinem Ausscheiden gut loslassen könne, davon ist Hütte fest überzeugt. Wer ihn gut kennt, glaubt ihm das. Er wird auf keinen Fall zu den Ruheständlern gehören, die sich immer wieder bei ihrem Nachfolger oder Nachfolgerin melden und gute, aber unerwünschte Ratschläge geben. Er hat sich fest vorgenommen, dem Begriff Ruhestand ein „Un-" zuzufügen. So will er alle Flussradwege Europas abradeln und kann sich auch gut „Arbeit im sozialen Bereich“ vorstellen. Oder er befasst sich mit der Geschichte des Reisens, die er spannend findet. Zudem kocht er leidenschaftlich gern und lässt sich auch gerne im Garten einspannen. „Natürlich hätte mir der Job noch weitere Jahre Spaß gemacht“, betont er, aber loszulassen gehöre eben zur Professionalität: „Der Ruhestand kommt ja nicht von heute auf morgen.“
Zur Person: Horst Schwartz ist Journalist und Redakteur mit Schwerpunkt Tourismus. Der Berliner arbeitete viele Jahre für touristische Fachmedien und Reiseredaktionen, unter anderem für Stiftung Warentest, Touristik Aktuell und den Tagesspiegel. Darüber hinaus verfasste er zahlreiche Reiseführer und leitet das Redaktionsbüro Schwartz.