KI macht Reisen für alle möglich
Reisen ohne Hürden – das ist für viele Menschen mit körperlichen, sensorischen oder kognitiven Einschränkungen noch immer keine Selbstverständlichkeit. Dabei gewinnt barrierefreier Tourismus zunehmend an gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Bedeutung. Künstliche Intelligenz (KI) bietet hier neue Möglichkeiten.
Von personalisierten Reiseempfehlungen über automatisierte Übersetzungen bis hin zu intelligenten Navigationstools. Der Einsatz von KI-Technologien kann nicht nur den Zugang zu Informationen erleichtern, sondern auch Reiseerlebnisse inklusiver gestalten. Doch wie genau sieht das in der Praxis aus – an welchen Stellen bei barrierefreien Reisen kann KI einen konkreten Mehrwert bieten?
Herausforderung fehlende Informationen: KI-Lösungen für intelligente Informationsbereitstellung
Eine der Herausforderungen für Reisende mit Einschränkungen ist, dass es nicht genügend oder fehlerhafte Informationen zu den Gegebenheiten vor Ort - Unterkünfte, Sehenswürdigkeiten u.a. – gibt. Hier können Plattformen, auch mit Unterstützung von KI, helfen, indem sie akkurate Informationen zur Barrierefreiheit sammeln und bereitstellen. Ein Beispiel ist die Plattform Wheelmap, die barrierefreie Orte sichtbar macht. Ein anderes Beispiel ist das Project Sidewalk, ein in den USA entwickeltes Citizen-Science-Tool, das Crowdsourcing, KI und Google-Street-View verbindet, um Hindernisse auf Gehwegen zu erfassen.

Frau unterwegs im Rollstuhl (KI- generiertes Bild)
Leonardo.Ai
Herausforderung Standardangebote: KI-Lösungen für eine personalisierte Reiseplanung
Während standardisierte Angebote oftmals die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen ignorieren, bieten KI-gestützte Reiseplaner diesen Gästen die Möglichkeit, individuelle Reiserouten ganz nach ihren persönlichen Anforderungen und Bedürfnissen zu erstellen. Dabei berücksichtigt die KI nicht nur bevorzugte Transportmittel, sondern integriert auch nach Wunsch barrierefreie Sehenswürdigkeiten und passende Hotels in die Planung. Sollte ein bestimmter Ort oder ein Transportmittel einmal nicht den gewünschten Kriterien entsprechen, schlägt der KI-Reiseplaner zudem geeignete Alternativen vor. Ziel ist es, eine rundum maßgeschneiderte Reiseerfahrung zu schaffen.
Auch KI-gestützte Chatbots von Hotels oder Airlines können über spezifische Barrierefreiheitsoptionen informieren und ihre Empfehlungen durch kontinuierliches Lernen verbessern.
Herausforderung eingeschränkte Mobilität: KI-Lösungen für eine bessere Navigation und Orientierung vor Ort
Vor Ort fehlen oft geeignete Transportmittel und barrierefreie Infrastrukturen. KI-basierte Navigationstools können hier unterstützen, indem sie individuelle Routen mit funktionierenden Aufzügen oder rollstuhlgerechten Wegen planen. Echtzeit-Updates informieren über defekte Aufzüge oder kurzfristige Sperrungen und schlagen Alternativen vor.
Zudem gibt es bereits KI-gestützte „Seh-Assistenten“ wie Google Lookout oder Seeing AI von Microsoft. Diese helfen blinden und sehbehinderten Reisenden bei der Orientierung, indem sie Informationen über die Umgebung liefern, Texte in Echtzeit vorlesen oder sogar Geldscheine, Barcodes und Gesichtern erkennen können.
Herausforderung Kommunikationsbarrieren: KI-Lösungen für eine einfachere Kommunikation
Menschen mit Hör- oder kognitiven Einschränkungen stoßen auf Reisen häufig auf Verständigungsprobleme. Hier können KI-gestützte Apps wie zum Beispiel Ava oder Live Transcribe helfen, indem sie mit Hilfe von Echtzeit-Übersetzungen gesprochene Sprache in Text umwandeln und so barrierefreie Kommunikation ermöglichen. Darüber hinaus können KI-Systeme Schilder, Menüs oder Informationsmaterialien automatisch in barrierefreie Formate (Vorlesefunktion, größere Schrift, Kontrasteinstellungen) umwandeln.
Der Einsatz von KI-Tools birgt auch Risiken
Trotz zahlreicher Vorteile bringt der Einsatz von KI-Tools im barrierefreien Tourismus auch Risiken mit sich:
Datenschutz: KI-Anwendungen verarbeiten häufig sensible personenbezogene Daten wie Standortinformationen, Bilder oder Profile. Hier besteht ein erhöhtes Risiko für Datenschutzverletzungen, das klare Regelungen erfordert.
Abhängigkeit von Anbietern: Viele Tools basieren auf proprietären Systemen großer Tech-Konzerne und sind nicht quelloffen. Das schafft Abhängigkeiten und schränkt Mitgestaltungsmöglichkeiten ein.
Intransparenz: Wie Entscheidungen innerhalb der KI-Systeme getroffen werden, ist oft nicht nachvollziehbar – das erschwert Vertrauen und Akzeptanz.
Fehlende Partizipation: Menschen mit Behinderungen werden in der Entwicklung solcher Tools oft zu wenig einbezogen. Dadurch entstehen Lösungen, die deren Bedürfnisse nur unzureichend berücksichtigen.
Fazit
Künstliche Intelligenz kann einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, den Tourismus barrierefreier und inklusiver zu gestalten. Von intelligenter Informationsbereitstellung über personalisierte Reiseplanung bis hin zu innovativen Assistenzsystemen eröffnen KI-Technologien neue Chancen für selbstbestimmtes Reisen. Gleichzeitig ist es wichtig, Risiken wie Datenschutz, Abhängigkeiten und mangelnde Teilhabe ernst zu nehmen.
Damit KI ihr volles Potenzial entfalten kann, müssen Menschen mit Behinderungen aktiv in die Entwicklung einbezogen werden. So kann sichergestellt werden, dass KI nicht an den Bedürfnissen der Betroffenen vorbeigeht, sondern echten Mehrwert schafft – und Reisen für alle tatsächlich möglich macht.